Yoga gegen Bluthochdruck


Im Gegensatz zur weitverbreiteten Annahme, unser Blutdruck sei nicht unserem willentlichen Nervensystem zugänglich, sondern autonom geregelt, finden wir in der Psychosomatik und im Yoga einen anderen Zugang. Aus Sicht der Yogaphilosophie und Yogapsycholgie besteht keine Trennung zwischen dem, was wir denken, fühlen, äußern, unserem Handeln und unseren autonomen Funktionen wie Blutdruckregulation, Atemfrequenz oder die Aktivitäten des Magen-Darm-Traktes. Alles ist mit allem verbunden und so ist das Konzept der Body-Mind oder Mind-Body Medizin schon vor über 2000 Jahren angelegt worden. Wenn wir nur kurz überlegen und uns eine Situation vorstellen, in der uns jemand gelobt hat oder wir verliebt waren, die ersten Tage nach der Geburt eines Kindes oder als wir Großmutter bzw. Großvater wurden. Wie haben wir uns gefühlt und wie hat unser Herz gehüpft, unser Schlaf war verändert ebenso wie unsere Reaktionsbereitschaft, Wachheit, Leistungsfähigkeit. Unser Engagement in den Stunden und Tagen danach wurde möglich, weil alles an uns und in uns auf diese Veränderungen in unserem Leben reagiert. Und natürlich reagiert alles in uns auch auf kleinere, unwichtigere äußere Anlässe, auf unsere Gedanken und die Gefühle in bestimmten Situationen, auch wenn immer noch viele Menschen innerhalb und außerhalb der medizinischen Berufe diese Zusammenhänge nicht zu sehen in der Lage oder bereit sind. Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass uns nicht nur freudige, sondern im gleichen Maße auch negative oder bedrohliche Situationen und Vorgänge in unserem Leben beeinflussen. Wir erleben z. B. Sorgen, Ängste, Nöte nicht nur emotional und kognitiv, sondern auch mit unserem ganzen Körper. Sie beeinflussen ebenso die Herzfunktion, die Spannung unserer Gefäße, die Regulation der Darmtätigkeit usw. und damit den gesamten Organismus inkl. unseres Blutdrucks.

Ist dies einmal verstanden und als Möglichkeit in Betracht gezogen, gibt es nur noch einen Wehrmutstropfen, bevor wir uns dem Yoga zuwenden. Zahlreiche Studien und die Berichte von Praktizierenden erscheinen bestätigen, dass Yoga und seine therapeutischen Implikationen wirken aber eben nur, solange man übt. So wie der Sport im Fernsehen das eigene Tun nicht ersetzen kann, so können wir die Wirkungen einer regelmäßigen Yogapraxis nur genießen, wenn wir regelmäßig üben. Zwar sind auch damals im Ayurveda unterstützend wirksame Kräuter verordnet worden, aber immer wurde von den Betroffenen mit Beschwerden z.B. des Herz-Kreislauf-Systems erwartet, gewisse Änderungen vorzunehmen. Diese betrafen Gewohnheiten des Alltags, des Essens, der Zeiteinteilung aber auch das Erlernen einer neuen Sichtweise auf sich selbst und das Leben. Nur dann konnten und können begleitende Maßnahmen wie Kräuter, Medikamente, Tees und Gebete helfen. Heutzutage überlassen viele Menschen der modernen, konventionellen Medizin mit ihren hervorragenden diagnostischen Möglichkeiten und Medikamenten die Verantwortung über ihren Blutdruck, die Herzleistung und -frequenz, der Regulation von Schlaf und Darmtätigkeit. Für fast alles gibt es Tabletten und meist werden die Einflussmöglichkeiten, die wir selbst auf unsere sogenannten autonom regulierten Mechanismen haben, entweder nicht aufgezeigt oder schlichtweg negiert.

Vielleicht siehst du nun eine wunderbare Gelegenheit, auf die Reise zu dir selbst zu gehen und die Möglichkeiten des Yoga zu erkunden. Es gibt viel zu überdenken, zu reflektieren und zu integrieren.

Dr. Günter Niessen